Bis Freitag letzter Woche sind bei den Sozialgerichten in Rheinland-Pfalz über 15.000 zusätzliche, nicht vorhersehbare Klagen eingereicht worden, mit denen Krankenkassen aus ihrer Sicht überzahlte Vergütungen von Krankenhäusern zurückfordern.
Hintergrund des sprunghaften Anstiegs ist eine im am 9.11.2018 durch den Bundestag beschlossenen Pflegepersonal-Stärkungsgesetz vorgesehene Verkürzung der Verjährungsfristen für die Geltendmachung von Ansprüchen der Krankenkassen auf Rückzahlung von Vergütungen an Krankenhäuser. Auf Empfehlung des Gesundheitsausschusses sieht der Gesetzentwurf eine Ergänzung in § 109 Absatz 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) vor. Danach sollen Ansprüche der Krankenhäuser auf Vergütung erbrachter Leistungen und Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen künftig in zwei (statt bisher vier Jahren) verjähren. Das soll auch für Ansprüche der Krankenkassen gelten, die vor dem 1. Januar 2019 entstanden sind. In einer weiteren Übergangsregelung (§ 325 SGB V) sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Geltendmachung von Ansprüchen der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen ausgeschlossen ist, soweit diese vor dem Tag der 2. und 3. Lesung des Gesetzentwurfs im Bundestag (das war der 09.11.2018) nicht gerichtlich geltend gemacht wurden. In der Begründung zu dieser Regelung heißt es, die Ausschlussfrist ziele auf die Entlastung der Sozialgerichte und die Durchsetzung des Rechtsfriedens.
Offensichtlich hat der Gesetzgeber die Krankenkassen unterschätzt. Diese haben im Laufe der letzten Woche alles in Bewegung gesetzt, um ihre Ansprüche noch rechtzeitig geltend zu machen und über 15.000 Klagen allein bei den Sozialgerichten in Rheinland-Pfalz erhoben. Zum Teil wurden die Fälle in einer Klage mit einer angehängten Liste von Abrechnungsfällen gebündelt geltend gemacht. Nach ersten Zählungen wurden in Speyer ca. 8000, in Koblenz ca. 4.000, in Mainz ca. 3.000 und in Trier 820 Fälle anhängig gemacht. Insgesamt werden sich dadurch die Eingangszahlen bei den Sozialgerichten fast verdoppeln. Die Sozialgerichte werden voraussichtlich allein mehrere Monate benötigen, um die Verfahren zu erfassen und ein Aktenzeichen zu vergeben. Es wurden bereits Wochenendschichten eingelegt. Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich der konkrete zusätzliche Aufwand noch nicht seriös abschätzen, da die Klagen nur zur Hemmung der Verjährung eingelegt, aber noch nicht begründet worden sind. Das Landessozialgericht steht in ständigem Kontakt mit dem Ministerium der Justiz. Gemeinsam in enger Abstimmung sowie angepasst an die jeweilige Entwicklung wird geprüft, welche Maßnahmen zur Unterstützung der Sozialgerichte in den Blick zu nehmen sind.